Das wohl bekannteste und häufigste Wohnraumgift ist Formaldehyd. Formaldehyd dient
als Ausgangsstoff für Kunstharze und Leime, die z.B. für Span - und Sperrholzplatten
oder die Oberflächenbeschichtung (Melaminharze) verwendet werden. Weitere Anwendungen
finden Formaldehydharze bei der "Textilveredlung." Da Formaldehyd Mikroorganismen wie
Bakterien, Pilze und Viren abtötet, wird es auch als Konservierungsstoff und
Desinfektionsmittel eingesetzt.
Die Leime von Holzwerkstoffen wie Spanplatten, Sperrholz und Tischlerplatten bestehen
meist aus Formaldehydverbindungen. Durch die Luftfeuchtigkeit wird aus diesen wieder
Formaldehyd freigesetzt. Dieser Vorgang hält an, solange noch Leim vorhanden ist, der
die Spanplatte zusammenhält. So können auch nach jahrzehnten noch die Emissionen aus
Spanplatten und Furnierverleimungen die vom Bundesgesundheitsamt (BGA) festgelegten
Richtwerte überschreiten. Häufig sind Spanplatten in Wohnräumen gar nicht sichtbar.
Sie verstecken sich bei Fertighäusern bzw. Wandelementen hinter der Tapete, bei
Möbeln oder Holzverkleidungen hinter einem Furnier, oder als Fußbodenplatte unter dem
Teppich. Die Stärke der Emission hängt von der Qualität der Spanplatte, der
Wirksamkeit ihrer Beschichtung sowie der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit ab.
Obwohl die heute verkauften Spanplatten der Klassifizierung E 1 (formaldehydarm)
genügen, kann es in Fertighäusern oder dichter möblierten Räumen zu erheblich höheren
Konzentrationen kommen, als durch die Klassifizierung zu erwarten ist. Die Verwendung
moderner E 1 Platten garantiert also nicht zwangsläufig die Einhaltung des Richtwertes
des BGA.
Bis Ende der 80 ziger Jahre wurden zur Wärmedämmung sogenannte UF - Ortschäume verwendet. An Ort und Stelle wurde eine Mischung aus wässriger Harnstoff - Formaldehyd - Lösung (UF) mit einer aufgeschäumten Tensidlösung in Mauerhohlräume oder unter das Dach gepresst, wo sie aushärtet. Diese Art der Isolierung führt zu einer jahrelang anhaltenden Formaldehydausgasung, deren Höhe abhängig von Art und Sorgfalt der Verschäumung ist.
Formaldehyd wird ebenfalls bei säurehärtenden Kunststofflacken (SH - Lacken) verwendet. Der Grossteil dieser Lacke wird für die Beschichtungsfolien im Möbelbau und für die Oberflächenversiegelung von Parkettfußböden verwendet.
Eine weitere Belastungsquelle stellt die Verwendung formaldehydhaltiger
Industriekleber dar. Allerdings werden nach Aussage des deutschen Teppichinstituts in
Aachen seit mindestens 1987 keine formaldehydhaltigen Teppichkleber mehr eingesetzt.
Formaldehyd kann über die Haut, den Verdauungstrakt und die Atemwege aufgenommen
werden. Er hat zellschädigende Wirkung, wirkt neurotoxisch und erbgutschädigend.
Formaldehyd kann im Wohnbereich akut toxisch wirken. Hauptsächlich sind dies
Reizerscheinungen der Schleimhäute, die nach Beendigung der Belastungen abklingen.
Für empfindlichere Personen ist der Richtwert des BGA allerdings nicht ausreichend.
Chronische Einwirkung kann zu Kopfschmerzen, Unwohlsein, Konzentrationsschwierigkeiten,
Abgespanntheit, Nervosität und Gereiztheit aber auch Erbrechen führen.
Leider werden diese Symptome oft als psychosomatische Beschwerden gedeutet und eine
Formaldehydexposition nicht in Betracht gezogen. Die Einwirkung höherer
Konzentrationen kann zu Sensibilisierung führen. Danach treten Beschwerden auch bei
Konzentrationen auf, die weit unter dem empfohlenen Richtwert liegen.
Acrolein ( = Zersetzungsprodukt beim Erhitzten von Fetten) ist der einfachste
ungesättigte Aldehyd. Es besitzt einen charakteristischen unangenehmen, strengen und
beißenden Geruch und hat eine deutlich höhere Reizwirkung und Toxizität als
Formaldehyd. Die höheren gesättigten Aldehyde wie Acetaldehyd, Propianaldehyd und
Butyraldehyd sind weniger toxisch als Formaldehyd. Dennoch können sie im Wohnbereich
Probleme bereiten. Sie werden in Lacken, Beschichtungen oder Klebstoffen verwendet,
oder entstehen als Oxidationprodukte aus manchen Farben, Acetaldehyd wird bei der
Produktion von Klebstoffen aber auch in Raumsprays eingesetzt.
Emissionsklasse / | Prüfkammermethode (Konzentration in ppm) |
E1 | <0,1 ppm |
Raumgröße | 56 m³ |
Raumbeladung | 1 m² / m³, d.h. hier 56 m² Spanplattenoberfläche |
Luftaustasch | 1 mal pro Stunde (Luftwechselzahl 1) |
Aber: Die Prüfkammermethode entspricht z.T. nicht den realen Bedingungen
Trotz E 1 oder V100 können hohe Belastungen mit Formaldehyd auftreten.
Mit einfachen Tests lassen sich Formaldehydkonzentrationen in Wohnräumen sehr gut nachweisen. Die Tests der Fa. Dräger, sind für ca. 25 EUR in der Apotheke erhältlich. Bei positiver Testung, sollten dann weitere Untersuchungen vorgenommen werden.
Grenzwerte Formaldehyd:
0,02 - 0,05 ppm ist schwach
0,05 - 0,1 ppm ist stark
über 0,1 ppm extrem auffällig